Grundlagen Greifvögel

Greifvögel kommen weltweit in fast allen Landschafts- und Klimazonen vor und sind auch in Deutschland und Mitteleuropa durch etwa 20 verschiedene Arten vertreten. Früher als Raubvögel bezeichnet, hat sich dieser abwertende Begriff gewandelt, und heute spricht man nur noch von Greifvögeln.

Allgemeines

Viele Greifvogelarten gelten als gefährdet, manche, wie der Wanderfalke und der Seeadler, sogar als stark gefährdet. Ihr Rückgang ist nicht nur auf die Jagd zurückzuführen, sondern auch auf die Verschlechterung ihres Lebensraums. Menschliche Störungen wie das Einsammeln von Eiern, das Aushorsten der Jungvögel und übertriebene Naturbeobachtung haben katastrophale Folgen. Auch der Einsatz von Chemikalien in der Landwirtschaft hat eine bedeutende Rolle gespielt. Trotz ihrer wichtigen Funktion im Ökosystem können hohe Populationen von Greifvögeln, insbesondere des Habichts, negative Auswirkungen auf andere Tierarten haben. Verschlechterte Lebensbedingungen sind die Hauptursache für den Rückgang vieler Beutetiere, aber Greifvögel können zusätzlich bedrohte Arten wie das Birkwild dezimieren.

Greifvögel haben sich in ihrer Lebens- und Ernährungsweise unterschiedlich entwickelt. Sie unterscheiden sich nicht nur in ihrer Größe, sondern auch in ihren Jagd- und Tötungsmethoden. Die Grifftöter (Adler, Habicht, Sperber, Bussard, Weihen) töten ihre Beute mit ihren Fängen, während die Falken (außer dem Turmfalken) ihre Beute in der Luft schlagen und sie mit einem Genickbiss töten. Der Schnabel dient zum Aufreißen und Zerkleinern der Nahrung, nicht zur Verteidigung.

Greifvögel rupfen ihre Beute vor dem Fressen. Die unverdaulichen Reste wie Federn und Haare werden als längliche Klumpen, Gewölle genannt, ausgespien. Im Gegensatz zu Eulen können Greifvögel Knochen verdauen. Alle Greifvögel sind ganzjährig geschützt. Ausnahmegenehmigungen ermöglichen das Erlegen oder Fangen von Habicht und Mäusebussard, wenn sie Schäden verursachen. Arten wie der Wanderfalke und die Wiesenweihe benötigen aktiven Schutz durch Jäger und Naturschutzorganisationen.

Habichtartige
Habichtartige

Jägersprache

  • Männchen: Terzel
  • Weibchen: Weibchen, Weib
  • Junge im Horst: Nestlinge
  • Junge im Horstfeld: Ästlinge
  • Zahnartige Auskerbung im Oberschnabel: Falkenzahn
  • Flügel: Fittiche
  • Äußere Flügelfedern: Handschwingen
  • Beinbefiederung: Hosen
  • Beine: Ständer
  • Füße; Krallen: Fänge; Waffen, Klauen
  • Schwanz: Stoß
  • Beute fassen: Schlagen
  • Beute festhalten: Binden
  • Nahrung: Atzung
  • Fressen: Kröpfen
  • Unverdauliche Nahrungsteile: Gewölle
  • Beutereste: Rupfung
  • Junge füttern: Atzen
  • Losung: Geschmeiß
  • Schreien: Lahnen
  • Auf Ast setzen: Aufhaken
  • Auf Pfahl setzen: Aufblocken
  • In der Luft stehen: Rütteln

Habichtvögel: Adler, Bussarde, Milane, Weihen, Habichte (Habicht, Sperber)

Falken: Echte Falken, Unechte Falken

begrünter Habichthorst
begrünter Habichthorst

Gemeinsamkeiten der Greifvögel

- Tagaktiv

- Monogam (Jahres- oder Lebensehe)

- 2-4 Eier (je kleiner der Vogel, desto mehr Feinde und daher mehr Eier)

- 30-40 Tage Brutzeit (je größer die Eier, desto länger die Brutdauer)

- Junge schlüpfen sehend und bedunt

- Nesthocker (ca. 30 Tage Nestlinge, anschließend ca. 30 Tage Ästlinge)

- Lahnen = Bettelruf der Jungvögel

- Extrem gutes Sehvermögen

- Fleischfresser, meist lebende Beute (bei Vögeln: Rupfung)

- Horstfrieden im Horstfeld (vgl. Fuchs und Burgfrieden)

- Gewölle ohne Knochen (starke Magensäure)

- Männchen teilweise 1/3 kleiner als Weibchen, daher Terzel genannt

- Manteln = Abschirmen der Beute

- Zugvögel: Rauhfußbussarde (Wintergast), Wespenbussard (Sommergast), Milane, Weihen, Baumfalke, Merlin

- Falken können die Nase verschließen

Jagdarten (Beuteflug)

Gleitstoßgreifer

- Alle außer Habichte, echte Falken und Fischadler

- Lange breite Schwingen, kurzer Stoß

- Bewohner offener Landschaften (Feld)

- Ausdauernde Segler, oft kreisender Gleitflug oder von hoher Ansitzwarte

- Schlagen ihre Beute am Boden

Pirschfluggreifer

- Nur Habichte (Habicht und Sperber)

- Kurze Schwingen, langer Stoß

- Bewohner von Wald und Waldrändern

- Überraschungsflug von Ansitzwarte, sehr wendig durch langen Stoß

- Schlagen am Boden und in der Luft

Stoßfluggreifer

- Echte Falken und Fischadler

- Schmale, spitze Schwingen

- Bewohner offener Landschaften (Feld)

- Stoßflug mit angelegten Schwingen (-300 km/h)

- Schlagen ihre Beute in der Luft

Tötungsmethoden

Grifftöter

- Alle außer Falken

- Töten durch Verletzung lebenswichtiger Organe, Fänge mit langen Waffen (Krallen)

- Töten am Boden (Habichte auch in der Luft)

- Reißhaken-Schneideschnabel

- Grifftöter sind Horstgestalter

Bisstöter

- Nur Falken

- Töten durch Genickbiss, halten Beute mit Händen (kurze Krallen)

- Reißhaken-Beißschnabel mit Falkenzahn im Oberschnabel

- Schlagen in der Luft (außer Turmfalke), Töten am Boden

- Können kein Nistmaterial gewinnen, Bisstöter sind Horstbenutzer

Zu den Grifftötern gehören: Adler (See-, Stein-, Fischadler), Bussarde (Mäuse-, Rauhfuß-, Wespenbussard), Milane (Schwarzer Milan und Roter Milan), Weihen (Rohr-, Korn-, Wiesenweihe), Habichte (Habicht und Sperber)

Zu den Bisstötern zählen: Falken (Wanderfalke, Baumfalke, Turmfalke, Merlin)

Adler

Seeadler: Größter Adler (240 cm Spannweite), Hochwildjäger, Baum- und selten Felsenbrüter, Norddeutschland (Küste/Binnenseen), Standvogel, keilförmiger Stoß, Gleitstoßgreifer

Steinadler: Stärkster Adler (220 cm Spannweite), Hochwildjäger, Baum- oder Felsenbrüter, Alpen, Horst wird jährlich begrünt, Beute bis Rehgröße, auch Beizvogel, Gleitstoßgreifer, auch Königsadler genannt

Fischadler: Kleinster Adler (160 cm Spannweite), Baumbrüter in Nord- und Nordostdeutschland an fischreichen Gewässern, Zugvogel, Wendezehe, gewinkelte Schwingen, weiße Bauchunterseite, Rüttelflug, Stoßfluggreifer

Bussarde

Mäusebussard: Häufigster Greifvogel, Stand- bzw. Strichvogel, Baumbrüter der offenen Kulturlandschaft, Horst wird jährlich begrünt, Kulturfolger, ca. 140 cm Spannweite, Beute zu 80% Mäuse, auch Aas, starke Farbvarianten von beige bis dunkelbraun

Rauhfußbussard: Wintergast, Baumbrüter in Skandinavien, Ständer voll befiedert

Wespenbussard: Sommergast, Baumbrüter, begrünt Horst, Nahrungsspezialist (Wespen und andere Insektenlarven), harte Schuppenfedern im Gesicht, Hornplatten an den Fängen schützen vor Stichen

Erkennungsmerkmale der Bussarde:

Mäusebussard: Dunkles Auge, Stoß mit 8-12 Querbinden, häufig rüttelnd

Rauhfußbussard: Dunkles Auge, eine Quer(End)binde, Ständer befiedert

Wespenbussard: Gelb-schwarzes Auge, 3 Querbinden, langer Hals (Taubenkopf), „Schuppen“ im Gesicht

Milane

- Gleitstoßgreifer und Grifftöter

- Verwenden Stoff- und Papierreste zum Nestbau (Lumpensammler)

- Jagen anderen Greifen gerne die Beute ab (Bettelflug)

- Vornehmlich Aasfresser (Fische, Frösche)

Schwarzer Milan: Zugvogel, an größere Gewässer gebunden, Stoß leicht gegabelt, Oberseite schwärzlich, weltweit häufigster Greif

Roter Milan: Zugvogel, häufig an Flussauen, Stoß tief gegabelt (Gabelweihe), Oberseite rötlich

Weihen

- Gleitstoßgreifer und Grifftöter

- Schlanker Körper, lange dünne Ständer

- Eulenartiges Gesicht mit Federkranz, schaukelnder Flug

- Bodenbrüter, aber wie alle Greife Nesthocker

- Geschlechtsdimorphismus

- Feuchtgebiete

- Zugvögel

Rohrweihe: Größte Weihe, beide Geschlechter braun, Weibchen mit heller Kopfplatte

Kornweihe: Weißer Bürzelfleck, Weibchen braun, Terzel grau

Wiesenweihe: Kleinste Weihe, Weibchen braun, Terzel grau

Habichte

- Pirschfluggreifer und Grifftöter

- Terzel 1/3 kleiner als Weibchen, daher unterschiedliches Beutespektrum

- Waldbewohner

- Nur Weibchen brütet (Brutmauser), Terzel schlägt Beute

- Atzung der Jungen erfolgt nur durch Weibchen

Habicht: Standvogel, meist in großen Waldgebieten, Horst im oberen Kronenbereich, Terzel schlägt bis Fasan, Weibchen bis Hase, oft Beizvogel, Junghabicht (Rothabicht): Brust rötlich getropft (Schutzkleid), Auge gelb, Althabicht grau und quergebändert (gesperbert), Auge orange

Sperber: Standvogel, überwiegend am Waldrand, Horst im mittleren Kronenbereich, jährlich neuer Horst, Jugend- und Alterskleid gesperbert, Männchen (Sprinz) bunt gefärbt, Kleinvogelspezialist (Sprinz schlägt bis Drossel, Weibchen bis Taube, Rebhuhn)

Falken

Echte Falken: Wanderfalke und Baumfalke, schlagen in der Luft

Unechte Falken: Turmfalke und Merlin, schlagen am Boden

Gemeinsamkeiten aller Falken:

- Bisstöter (Falkenzahn)

- Horstbenutzer

- Töten am Boden, echte Falken schlagen in der Luft

- Dunkle Augen

- Falkenbart (Backenbart)

- Flugbild: „Pfeil und Bogen“

Wanderfalke: Größter Falke, Beizvogel, Felsenbrüter, Standvogel, Jagdrevier bis 6000 ha, Beute fast ausschließlich Vögel, besonders Tauben

Baumfalke: Baumbrüter, rote Hosen, Zugvogel, Beute überwiegend Insekten, auch Kleinvögel

Turmfalke: Häufigster Falke, Kulturfolger, Baum- und Felsnischenbrüter, häufig rüttelnd (Rüttelfalke), kann nur am Boden schlagen, Hauptnahrung: Mäuse, Terzel: graue Kopfplatte/eine breite Stoßbinde, Weibchen: brauner Kopf/viele Stoßbinden

Merlin: Kleinster Falke, Baumbrüter der Tundra, Wintergast

Grundlagen Greifvögel