Grundlagen Wildbrethygiene
Versorgung des Wildes und Wildbrethygiene
Gemäß des Bundesjagdgesetzes ist der Jäger verpflichtet, sowohl erlegtes als auch auf andere Weise getötetes Wild, einschließlich überfahrenes Wild, unter besonderer Berücksichtigung der hygienisch erforderlichen Maßnahmen zu versorgen. Der Jäger muss beurteilen, ob das Wildbret gesundheitlich unbedenklich und als Lebensmittel tauglich ist.
Laut Fleischhygienegesetz (FLHG) unterliegt grundsätzlich alles Haarwild der amtlichen Fleischuntersuchung. Ausnahmen gelten nur unter bestimmten Bedingungen, die der Jäger zu vertreten hat. Wer dennoch ungenießbares Wildbret in den Handel bringt, unterliegt den Strafbestimmungen des Fleischhygienegesetzes und des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes. Die amtliche Untersuchung kann entfallen, wenn keine bedenklichen Merkmale vorliegen oder wenn das Wildbret für den Eigenverbrauch verwendet oder an einzelne Personen zur Selbstverwendung abgegeben wird. Auch wenn das Wild in kleinen Mengen an nahegelegene Betriebe zur Abgabe an den Verbraucher geliefert wird, kann die Untersuchung entfallen. Für Schwarzwild sowie für alle Fleisch- und Allesfresser ist die Trichinenschau obligatorisch.
Diese gesetzlichen Bestimmungen betreffen in erster Linie Revierinhaber und Personen, die im Auftrag oder mit Genehmigung des Revierinhabers Wild erlegen oder versorgen. Es ist Pflicht eines jeden Jägers, vor und nach dem Schuss sowie beim Versorgen des Wildes sicherzustellen, dass das Wildbret gesund und genusstauglich ist. Dies gilt auch für Personen, die mit der Versorgung des Wildes betraut sind und entsprechend fachkundig sein müssen.
In der Verordnung zum Fleischhygienegesetz sind folgende bedenkliche Merkmale aufgeführt, die eine amtliche Fleischuntersuchung erfordern, da sie darauf hinweisen können, dass das Wildbret nicht für den menschlichen Verzehr geeignet ist. Diese Merkmale sind nicht vollständig aufgeführt.
Bedenkliche Merkmale beim Wild:

- Abnorme Verhaltensweisen oder Störungen des Allgemeinbefindens, wie Abmagerung, Schwäche, Durchfall oder Aufblähungen
- Lähmungserscheinungen, Krämpfe und Lahmheit, sofern sie nicht auf frische oder abgeheilte Verletzungen zurückzuführen sind
- Tod durch andere Verletzungen als Schussverletzungen, wenn das Haarwild nicht unmittelbar nach der Verletzung gefunden wurde
- Sonstige sichtbare Veränderungen außer Schussverletzungen
- Schwellungen der Gelenke oder Geschlechtsteile, Hodenvereiterungen, Leber- oder Milzschwellungen, Darm- und Nabelentzündungen
- Erhebliche Gasbildung im Magen-Darm-Trakt mit Verfärbung der inneren Organe
- Geschwülste und Abszesse in den inneren Organen, mit Ausnahme von Lungenwurmknoten
- Fremder Inhalt in den Körperhöhlen, insbesondere Magen-, Darminhalt oder Harn, wenn Brust- und Bauchfell verfärbt sind
- Verklebung oder Verwachsung von Organen mit Bauch- oder Brustfell, sofern sie nicht völlig fest und trocken sind
- Erhebliche Abmagerung oder Schwund einzelner Muskelpartien
- Erhebliche Abweichungen in Farbe, Konsistenz oder Geruch, ausgenommen artspezifischer Geschlechtsgeruch
- Offene Knochenbrüche, die nicht unmittelbar vor oder beim Erlegen entstanden sind
Wird auch nur eines dieser Merkmale festgestellt, muss das betroffene Haarwild der amtlichen Fleischuntersuchung zugeführt oder unschädlich beseitigt werden. Bei einer anzeigepflichtigen Seuche muss das Wild zusätzlich dem Amtstierarzt vorgeführt werden, der weitere Maßnahmen entscheidet (§ 1011SG + VO).
Anzeigepflichtige Wildseuchen (VO über anzeigepflichtige Seuchen):

- Tollwut
- Europäische Schweinepest
- Newcastle Disease (Geflügelpest)
- Räude
- Aujeszkysche Krankheit
- Brucellosen
- Ornithose (Psittakose)
- Hämorrhagische Krankheit der Hauskaninchen
- Weitere wichtige Haustierseuchen wie Maul- und Klauenseuche, Milzbrand, Schweinepest und Afrikanische Schweinepest
Die unschädliche Beseitigung erfolgt entweder durch Abliefern bei einer Tierkörperbeseitigungsanstalt oder durch Vergraben mit einer mindestens 50 Zentimeter starken Erdschicht. Das Vergraben darf nicht in Wasserschutzgebieten und nicht in unmittelbarer Nähe öffentlicher Wege und Plätze erfolgen.
Wildbrethygiene
Die Beurteilung, ob eine Erkrankung oder Verletzung als bedenklich einzustufen ist oder ob der Verdacht auf eine Wildseuche besteht, beginnt bereits vor dem Schuss beim Ansprechen des Wildes. Alle Anzeichen unnatürlichen Verhaltens oder Bewegens sollten zur erhöhten Vorsicht mahnen und den Jäger dazu veranlassen, beim Versorgen besondere Sorgfalt walten zu lassen, es sei denn, es handelt sich eindeutig um eine frische Verletzung (z. B. ein Stück, das im selben Treiben bereits getroffen wurde).
Besteht der Verdacht auf eine meldepflichtige Seuche, sollte das Stück nicht aufgebrochen, sondern der Verdacht gemeldet werden, um eine Seuchenverschleppung zu vermeiden. Der Versorgende sollte sich zudem selbst schützen, indem er beim Aufbrechen Handschuhe trägt, Verletzungen vermeidet und sein Aufbrechwerkzeug nach Gebrauch gründlich reinigt. Tritt erst beim Aufbrechen der Verdacht einer Wildkrankheit auf, müssen befallene oder zur Untersuchung aufzubewahrende Wildteile extra verpackt und sicher transportiert werden, damit keine Teile oder Flüssigkeiten entweichen.
Jäger sollten stets ausreichend Einmalhandschuhe , Plastikbeutel zur Aufbewahrung von Wildteilen und eine Kunststoffwanne im Jagdwagen dabeihaben. Bei Gesellschaftsjagden liegt es in der Verantwortung des Jagdleiters, sicherzustellen, dass die Personen, die das Wild versorgen, mit den notwendigen Hilfsmitteln ausgestattet sind.
Wildbrethygiene beginnt bereits mit der Revierhygiene, um das Ausbrechen von Krankheiten oder Seuchen zu verhindern. Dazu gehören:
- Vermeidung überhöhter Wildbestände: Überhöhte Bestände, insbesondere bei Schwarzwild, Gamswild, Rotwild, Rehwild, Kaninchen, Enten und Fasanen, erhöhen das Risiko von Seuchenausbrüchen.
- Hygiene an Fütterungen: Fütterungen sollten an ruhigen, möglichst äsungsarmen Orten eingerichtet werden. Selbst gut gemeinte Fütterungen können Keimzellen von Krankheiten werden. Unsachgemäße Fütterung kann Magen- und Darmerkrankungen verursachen und die Verbissbelastung im Revier erhöhen. Fütterungsanlagen müssen sauber gehalten werden, verschimmelte Futterreste sind zu entsorgen und der Boden um die Anlagen sollte nach der Fütterungszeit mit Brandkalk bestreut werden.
Aufbrechen und Transport

Das Aufbrechen des Wildes sollte entsprechend dem Sitz des Schusses erfolgen. Bei Kammerschüssen eignet sich die Standardmethode, während bei Weichschüssen zunächst die Bauchorgane entnommen und die Bauchhöhle gereinigt werden müssen. Jedes erlegte Stück Wild sollte so schnell wie möglich versorgt werden.
Im engeren Sinn bedeutet Aufbrechen das Öffnen der Leibeshöhle und das Entfernen von Geräusch und Gescheide einschließlich des Beckenraums. In bestimmten Fällen kann das gründliche Aufbrechen aus Zeit- oder Kraftmangel nicht möglich sein; dann wird das Wild nur „gelüftet“.
Gelüftetes Wild sollte auf die Seite gelegt und die Bauchdecke weitestmöglich gesperrt werden, um Fäulnisprozesse zu verhindern. Es muss so bald wie möglich ordnungsgemäß versorgt werden.
Beim Transport des Wildes sollte darauf geachtet werden, dass kein Schmutz in das Stück eindringt. Leichtes Wild wird so hoch wie möglich gehalten, schweres Wild sollte mit Hilfe transportiert werden. Hilfreich sind Lederriemen um Geweih oder Läufe, besonders bei starkem Wild wie Hirschen oder Sauen.
Zerwirken

Das Zerwirken des Wildes erfolgt nach ausreichendem Abkühlen in einem hygienisch einwandfreien Raum. Dies beinhaltet das Aus-der-Decke-Schlagen bzw. Abschwarten und Zerlegen des Wildbrets.
Das eigentliche Zerwirken und Zerlegen wird auf einem Zerwirktisch oder am hängenden Stück vorgenommen. Schwarzwild wird in der Regel hängend oder in einer Mulde eines hölzernen Schragens abgeschwartet. Der Kopf, die Rippen und die Keulen werden mit einem scharfen Messer, einer Säge oder einem Beil zerlegt.
Beim Zerwirken ist darauf zu achten, dass keine Schmutzpartikel oder Haare das Wildbret verunreinigen. Zerschossene Teile und Blutergüsse sind zu entfernen. Das Wildbret wird in Blätter, Keulen, Rücken, Kopf, Hals und Rippen zerteilt.
Das Zerwirken erfolgt nach den anatomischen Gegebenheiten des Wildkörpers, um die Genusstauglichkeit des Wildbrets nicht zu beeinträchtigen. Wild kann im Revier zerwirkt und in die Decke gewickelt transportiert werden, falls eine Bergung am Erlegungsort notwendig ist.
Versorgung des Niederwildes

Bei der Einzeljagd sowie bei der Gesellschaftsjagd auf Niederwild ist es von größter Bedeutung, dass das erlegte Wild in einwandfreiem Zustand zum Verbraucher gelangt. Dafür muss das Wild so schnell wie möglich auskühlen, kühl gehalten und bei längerer Lagerung vorher ausgedrückt, ausgeworfen oder ausgefahren, besser noch aufgebrochen werden. Es gibt keinen Grund, mit Niederwild anders zu verfahren als mit Schalenwild.
Federwild, das in der warmen Jahreszeit erlegt wird, kühlt aus, wenn man es während der Suche, des Buschierens oder Stöberns am Hals an den Galgen der Jagdtasche hängt. Das Niederlegen an einem schattigen Platz reicht nicht aus, um gleichmäßig auszukühlen; besser ist das Aufhängen an einem schattigen, luftigen Ort.
Die Blase von Hase und Kaninchen wird ausgedrückt, indem man das Stück mit einer Hand über die Schulter fasst und mit festem Druck die Bauchseite von oben nach unten streicht, um die Blase zu entleeren.
Das traditionelle Auswerfen von Haarwild erfolgt durch einen Schnitt an der hinteren Bauchseite, um die Bauchdecke quer zu öffnen. Mit zwei oder drei Fingern wird das Gescheide herausgezogen, wobei der Weiddarm kurz vor seinem Austritt abgerissen wird. Dieses Verfahren entspricht jedoch nicht den heutigen wildbrethygienischen Anforderungen; Haarwild sollte grundsätzlich wie Schalenwild aufgebrochen werden.
Früher wurde beim Auswerfen nur die Bauchdecke geöffnet und der Hase kräftig nach unten geschleudert, sodass sich das Gescheide von selbst löste. Das Ausfahren, früher nur bei starkem Federwild wie Auerhähnen, Trapphähnen und Adlern angewandt, sollte heute bei allem Federwild durchgeführt werden. Es beinhaltet das vollständige Entfernen aller inneren Organe und die anschließende Reinigung der Körperhöhle. Dazu wird ein Längsschnitt in die Bauchdecke unmittelbar hinter der Kloake gemacht und mit den Fingern die Speise- und Luftröhre nach hinten entfernt.
Bei Wildenten ist das Ausweiden besonders wichtig, da sie schnell verderben. Schnepfen müssen nicht sofort behandelt werden, da sie nicht so schnell verhitzen. Bei Wildtauben sollte der Kropf schnell entfernt werden, um Gärung zu vermeiden. Dazu wird die Halshaut aufgerissen und der Kropf mit einer ziehend-drehenden Bewegung entfernt. Auch bei Tauben ist analog zum übrigen Federwild zu verfahren. Bei Rammlern von Wildkaninchen sind von Februar bis Oktober die Analdrüsen abzuschärfen.
Abschwarten und Streifen
Erlegtes Raubwild kann abgezogen (gestreift) werden, während der Dachs abgeschwartet wird. Der Jäger sollte Handschuhe und einen Mundschutz tragen, um sich vor dem Fuchsbandwurm zu schützen; starkes Anfeuchten des Balgs kann helfen, das Verstäuben von Bandwurmeiern zu verhindern.
Der Fuchs wird auf den Rücken gelegt, und die Haut wird an den Innenseiten der Hinterläufe vom Ballen bis zum Weidloch aufgeschärft. Dann wird die Haut vollständig an den Branten und Zehen gelöst und die Krallen abgekniffen, damit sie am Balg bleiben. Der Fuchs wird an den Hinterläufen aufgehängt und die Haut bis zum Weidloch gestreift. Die Lunte wird vorsichtig von der Rübe gelöst.
Der Balg wird über den Kopf gezogen, was besondere Behutsamkeit erfordert. Der rohe Balg wird mit dem Haar nach innen über ein Spannbrett gezogen und mit Nägeln befestigt. Das Brett darf keine scharfen Kanten haben. Die Lunte wird aufgeschärft und mit Zeitungspapier auseinandergehalten. Ist der Balg trocken, wird er umgedreht und sauber ausgekämmt.
Der Dachs wird an den Läufen und vom Weidloch bis zur Unterseite des Windfanges aufgeschärft. Das Messer muss wegen des Feists Schnitt für Schnitt geführt werden, ähnlich wie beim Abschwarten von Schwarzwild, ohne die Haarwurzeln zu beschädigen. Der Balg muss sorgfältig mit Holzasche oder Salz eingerieben werden, um das verbleibende Fett zu entfernen.
Wildbrethygiene Glossar
Wildbret | Wildfleisch |
Lüften | Wild fachgerecht versorgen um zu gewährleisten, dass alle Teile ausreichend gekühlt werden |
Inkubationszeit | Zeit zwischen Ansteckung und Ausbruch von Krankheiten |
Primärproduktion | Jagen |
Primärezeugnis | Aufgebrochenes Wild |
In Verkehr bringen | Als Lebensmittel anbieten |
Kleinwild | Alles unter Rehwildgröße |
Großwild | Alles ab Rehgröße |
Geringe Menge | Strecke eines Jagdtages |
Aushakeln | Federwild nicht mehr zeitgemäß |
Einfrierverbot | Für alles Haar- und Federwild im Balg/Federkleid zum Verzehr |
Örtlicher Einzelhandel | Max. 100 km vom Wohnort des Jägers |
Erlegen | Töten von Groß- und Kleinwild |
Kundige Person | Gültiger JagdscheinLebend- und Totbeschau Die kundige Person ist berechtigt, Groß- und Kleinwild ohne die inneren Organe und das Haupt an zugelassene Wildbearbeitungsbetriebe abzugeben. |
Epidemie | Massenhaft auftretende Erkrankung |
Resistenz/ Immunität | Widerstandfähigkeit |
Parasiten | Schmarotzer |
Aufschärfen | Aufschneiden |
Fachgerecht entsorgt | Ausgeweidet |
Aus der Decke schlagen | Fell abziehen |
Zerwirken | Zerlegen |
Großes Gescheide | Magen |
Kleines Gescheide | Dick- und Dünndarm, Blase, Geschlechtsorgane |
Vorschlag | Haupt, Träger und die ersten drei Rippen |
Geräusch | Herz, Lunge, Nieren, Milz, Leber |
Kleines Jägerrecht | Zunge, Herz, Leber, Lunge, Milz, Nieren, stumpf herauslösbarer Feist |
Großes Jägerrecht Großes und kleines Jägerrecht sind nur auf Schalenwild anwendbar! Großes Jägerrecht heute nicht mehr üblich, früher Deputat der Berufsjäger | Kleines Jägerrecht+Haupt (außer bei Schwarzwild)+Träger und Vorschlag bis zur dritten Rippe, Decke, Feist |
Schloss | Knorpelverbindung beider Beckenknochenhälften |
Schlund | Speiseröhre |
Kropf | Erweiterung der Speiseröhre |
Drossel | Luftröhre |
Drosselknopf | Kehlkopf |
Brandadern | Venen am Becken |
Fallwild | Alles tot aufgefundene WildFallwild darf nicht in den Verkehr gebracht werden und ist unschädlich zu beseitigen. |
